Ja, auch ich hatte die Schule recht gerne. Studierte Schauspiel und Theologie. Der Glaube war mir recht wichtig und neben Mutter war ich die einzige, die überhaupt an etwas glaubte - so kam es mir zumindest vor. Camille war das Vaterkind, ich hingegen das totale Mutterkind und so kam es vielleicht auch dazu, dass mir Theologie an sich wichtig war. Schauspiel liebte ich, besuchte in der Schule die Theatergruppe und jeder sagte mir, dass ich mich in diesem Fach weiterbilden sollte, was ich dann auch tat. Wenn ich Dinge gern hatte, war ich immer mit Herz und Seele dabei.

Ich spazierte ein wenig durch das Gelände, wollte ein paar Bücher zurückbringen und wollte mich so zur Bibliothek begeben. Da der kürzeste Weg über den hinteren Schulhof führte nahm ich diesen und sollte das wohl gleich bereuen, da ich als nächstes einen Ball im Gesicht spürte und so gleich einmal umflog und kurz das Bewusstsein verlor - so glaube ich zumindest, da alles gerade schwarz wirkte. Kaum hatte ich die Augen geöffnet führte ich meine Hand an die Schläfe und drückte dagegen. Und wie konnte es auch anders sein? Richtig, Mason Grey war der Übeltäter und seine Worte vernehmend, verfinsterte sich meine Miene, ehe ich meine Bücher aufsammelte und aufstand. "Du... Gott! Kannst du nicht einmal aufpassen?! Wieso muss dir immer soetwas passieren?!", raunte ich ihn an und schubste ihn ein wenig nach hinten - so gut es mir möglich war, da er doch sehr sportlich und stark war. Anschließend zückte ich mein Taschenmesser welches ich immer bei mir hatte und rammte es in den Ball, sodass dieser seine Luft verlor. Anschließend blickte ich diesen an und seufzte: "Ach... tut mir Leid lieber Ball.", fies grinste ich und wandte dem Idioten von Grey den Rücken zu.
Nein, eigentlich war soetwas nicht meine Art, eigentlich war ich ruhiger, schüchtener aber... diesmal hatte ich eben diese 'Ball-Abschlacht-Idee'!! xD

Das stimmt, wir waren mehr als nur... verschieden. Camille, nun ja, sie liebte ihr leben, genoss es Cheerleaderin zu sein, genoss es, dass sich alle Augen auf sie richteten und ich? Ich war diejenige, die lieber für sich war. Gut, ab und zu nahm ich ein Buch mit auf eine Party, aber es war mir eben lieber als schweigend irgendwo rumzustehen und Löcher in die Luft zu starren. Da war es doch sinnvoller ein Buch mitzunehmen - wenn ich schon gezwungen wurde mit auf die Party zu gehen. Gott, wie ich soetwas hasste!

Miss Prüde? Also so übertreiben musste man jetzt ja wirklich nicht. Ja, ich war prüde, aber so schlimm war das doch nicht. Ich war wenigstens nicht eine derjenigen, die sich auf jeden Single-Mann stürzten und ihren Spaß hatten. Nein, ich hatte da ganz andere Moralvorstellungen, auch wenn sie ein wenig altmodisch waren xD
"Na jetzt hör aber mal auf, Mason! Du könntest verdammt nochmal besser aufpassen. Aber... ich vergaß..", ich blickte überlegend in den Himmel, ehe ich die Augen weitete und ihn ansah, "Stimmt ja! Dir ist deine Umgebung ja egal. Nur du bist dir wichtig. Entschuldigung, dass ich DAS vergessen hatte.".
Es war wirklich unnmöglich mit ihm, er trieb mich wirklich in den Wahnsinn und gut, dass es der Ball seines Vaters war, konnte ich ja nicht wissen und mein Gott... dann soll er ihn bitten ihn einen neuen zu kaufen. Ein paar Momente später, fand ich mich auf dem Boden wieder. Sofort setzte ich mich auf und verpasste ihm eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte. Sie war so gut zu hören, dass ein paar Krähen neben uns wegflogen XD
"Ach meine Welt dreht sich nur um mich? Sagt der egoistischte Mensch, dem ich jemals begegnet bin.", meinte ich giftig, worauf ich auf seine Worte bezüglich 'keine Freunde' gar nicht einging, denn ja, sie waren wahr und sie verletzten mich.
Auch ich erhob mich schließlich und sah ihn eiskalt an, ehe ich ihm den Ball aus der Hand riss, ihn zu Boden warf und das was von ihm noch übrig war einfach irgendwo hin kickte: "Nein.".

Wieso konnten es andere Menschen, Menschen wie Mason nicht einfach verstehen, dass ich mein Leben auch genoss? Man musste nicht immer feiern, trinken oder Sex haben um ein tolles Leben zu führen, nein, man konnte auch ein wunderbares Leben haben, indem man eben seine Abende zu Hause verbrachte, las, spazierte. Mag sein, dass es langweilig war, aber dennoch genoss ich mein Leben und ich würde es sicherlich nicht bereuen.

Und? Und wenn es so war, wenn ich noch Jungfrau war - was ich tatsächlich war - wäre es so schlimm? Musste man schon mit 16 oder früher seine Unschuld verloren haben? Nein! Und erst recht nicht, wenn man oft verletzt wurde und eben... religiös war. Und er sollte sich mal nicht so sicher sein, dass ich nach einer - sollte es jemals dazu kommen - gemeinsamen Nacht mit ihm, andauernd bei ihm klopfen würde, weil es mir doch so gefallen hatte. Nein, dazu würde es sicherlich nicht kommen. Niemals.
"Dein Ball war dir wichtig? Also bitte... Es ist nur ein dummer Ball, mehr nicht und wenn er dir so wichtig war, hättest du den eben in ein Regal stellen sollen.", antwortete ich dann ernst und recht kühl. Ja, all diese Worte führten eben dazu, dass ich nun wieder auf dem Boden lag und die Ohrfeige hatte er wirklich verdient. Als er meine Hand festhielt, blickte ich auf diese und versuchte sie zu entreißen: "Lass mich los, du tust mir weh..", bemerkte ich kurz an, wobei ich das Gesicht verzog. Kalt, eiskalt blickte ich ihn an: "Ich behandle niemanden von oben herab. So war ich niemals, ich behandle jeden gleich und das weißt du.", bemerkte ich an, da ich niemals mit meinem Geld prozte, dieses als selbstverständlich sah oder mir deswegen besser vorkam. Nein, alles, was ich - sei es in der HighSchool oder im College erarbeitet hatte war aufgrund meiner Taten und nicht des Geldes meiner Eltern, "Frustriert, verklemmt? Wieso? Weil ich nicht gleich mit dir ins Bett hüpfe und das deinem Selbstbewusstsein schadet?!", gut das war gemein, aber seine Worte auch. Wieso... musste er das mit den Freunden ansprechen und wieso... hatte er so verdammt recht?!
Gerade als ich wieder aufstehen wollte, knallte er mir mit voller Wucht den Ball an den Kopf, weswegen ich erneut zu Boden fiel und mir gleich schwindlig wurde, da er zu hart warf. Kurz blieb ich liegen, ehe ich aufstand und ein wenig torkelte, da das Schwindelgefühl nicht nachlassen wollte. Die Augenebrauen zusammengezogen, blickte ich diesen an und hielt mir erneut die Hand an die Schläfe: "U-und jetzt? Schlägst du mich zusammen? Schön, wie gewaltätig du einer Frau gegenüber bist...", da ich beinahe das Gleichgewicht verlor hielt ich mich kurz an ihm fest, da sonst nichts in der Nähe war...

Ja, er verstand es nicht, niemand verstand es. Einfach niemand. Weder Vater, Mutter, Camille noch er. Mag sein, dass ich verkorkst war, dass ich jemand war, der mehr als nur verklemmt war, aber ich hatte meine Gründe, meine Gründe, wieso ich es mied auf Partys zu gehen, Alkohol zu trinken. Ich hatte einfach Angst jemanden kennen zu lernen und wieder verletzt zu werden und Alkohol? Nunja, mir schmeckte das einfach nicht, aber wenn man das sagte, wurde man angesehen wie ein Alien.
Einsam? Ja, das war ich wirklich, auch wenn ich es mir selbst nicht eingestand. War ich doch diejenige, die nach Brooklyn rausfuhr, zum Greenwood Cemetery und dort stundenlang spazierte....

Wirklich? Ihn schätzte ich so ein, dass er das als... No-Go sehen würde, wenn man seine Unschuld noch nicht verloren hatte. Er war doch derjenige, der alles flachlegte, was bei drei nicht auf den Bäumen war und so sah er es sicher als eine Art.. Schande an, wenn man mit 21 noch Jungfrau war.
Ja, ich hatte wirklich kein Recht seinen Ball kaputt zu machen, ich hatte kein Recht dazu und... ich war einfach so wütend, über seine Worte, seine Worte, dass ich ihm weg war, obwohl ich am Boden lag. Und auf einmal erinnerte ich mich an einen Zeitungsbericht über seinen Vater. Er wurde erschossen. Und ja, jetzt fühlte ich mich mehr als nur schlecht. Ich fühlte mich grauenvoll. Und ja, ich würde seinen Ball reparieren, auch wenn es Tage dauern würde. Seine Worte vernehmend, blickte ich verletzt zur Seite, ehe ich ihn ansah: "Ja... Und? Was möchtest du jetzt hören? Dir geht es da nicht als einzigem so. Niemand will mich kennenlernen, niemand. Ich bin allen egal, alle mochten immer nur meine Schwester und ich gönne es ihr, ich freue mich für sie... Aber ja, es tut verdammt weh, dass ich niemanden habe. Ich bin völlig allein!", während ich mir das von der Seele sprach, wurde ich zum Ende hin immer lauter und den letzten Satz schrie ich schon beinahe. "Ich würde nur deinem Ruf schaden...", wiederholte ich, ehe ich ihn anblickte.
Als er mich dann fest hielt, ging es mir langsam aber sicher besser und so entriss ich meinen Arm und ging zu dem Ball, der ohne Luft in einer Ecke lag, den ich schließlich aufhob und zurück ging, wobei sich Tränen in meinen Augen sammelten: "Ich... werde deinen Ball... reparieren... Selbst reparieren, i-ich lass es mir zeigen...", ich starrte an ihm vorbei und eine Träne löste sich von meinem Auge, "Es tut mir Leid...".

Ja es war schon so eine Sache - jeder versuchte sich doch eigentlich nur selbst zu schützen, versuchte nicht verletzt zu werden und nunja, Mason tat dies, indem er allen zeigte, dass er zu keinen Gefühlen fähig war, dass er eiskalt ist und der größte Arsch von ganz New York. Ich hingegen tat es, indem ich niemanden an mich heranließ und mich immer sofort zurückzog. Zurück in mein kleines, schützendes Schneckenhaus, wo ich in meiner eigenen Welt leben konnte.
In diesem Punkt waren Mason und ich uns wohl sehr ähnlich.

Ich wollte ihn ja auch nicht mitleidig ansehen, doch hatte ich das alles vergessen, hatte vergessen, was für einen Schmerz er wohl erlitten hatte und ja, ich kam mir einfach schlecht vor, dass ich ihm dann so blöd kam und ihm seinen Ball zerstochen hatte. Aber trotzdem hätte er wohl jemanden gebrauchen können, der ihn in den Arm nimmt, der für ihn da ist, denn ja, ich weiß wie grauenvoll es sich anfühlt, wenn man sich alleine seiner Trauer, seinem Schmerz hingibt. Ja, es gab nichts schlimmeres als alleine zu weinen...
Ja, ich war wohl recht sensibel, nah am Wasser gebaut und es war wirklich mehr als nur schlimm und peinlich, dass mir das bei ihm passiert ist. Seine Worte vernehmend, schüttelte ich den Kopf: "Und wieso fühle ich mich dann so verdammt einsam?", erneut löste sich eine Träne von meinem Lid und nein, sein Gemurmel verstand ich nicht - leider. Da hatte er ja wirklich noch einmal glück gehabt...
Mit dem Fetzen von Ball kam ich schließlich zu ihm zurück und wurde von meinen Schuldgefühlen nur so zerfressen, ehe ich seine Worte vernahm und zu ihm blickte. "D-du magst mich?", meinte ich leise, kaum hörbar und als nächstes spürte ich seine Arme um meinen Körper und so schlangen sich auch meine Arme um seinen Körper, ehe ich die Augen schloss und einfach nur die Nähe genoss, was eigentlich mehr als verrückt war, da ich ihn doch gar nicht.. mochte. "Ich werde es niemandem sagen.", meinte ich dann leicht lächelnd und hoffte nur, dass dies nicht ein Spiel von ihm war.
Ich löste mich schließlich wieder aus der Umarmung und wischte mir die Tränen mit meinen Ärmeln weg, ehe ich ihn ein wenig anlächelte: "Sieht nicht jeder grauenvoll aus, wenn er weint?", gab ich dann von mir. "D-danke." - ja, ich bedankte mich dafür, dass er mich einfach in seine Arme schloss, dass er für mich da war und das obwohl ich immer dachte, dass er mich hassen würde...

Aber so war es doch eigentlich auch gut, nicht? Sich zu schützen. Wobei... irgendwann würde man vollkommen alleine dastehen - wenn man es so tat wie ich, wenn man jeden von sich stieß und langsam musste ich erkennen, musste dem Schwarzhaarigen mit seinen Worten rechtgeben, dass ich keine Freunde hatte und dass vermutlich auch niemand mit mir befreundet sein möchte. Wer sollte es wohl mit jemandem wie mir auf Dauer aushalten. Richtig, niemand. Da war mein einziges Glück wohl meine Schwester, nicht?

Ja, das glaubte ich gerne, dass es verdammt hart gewesen sein musste und ich hätte ihm gerne über diese Zeit geholfen - wieso? Dessen war ich mir nicht bewusst. Ich ging davon aus, dass ich jedem gerne durch eine solche Zeit geholfen hätte, doch war es bei ihm irgendwie... anders. Komplett anders.
"Hin und wieder... du hast Recht, Mason aber... ich fühle mich schon seit Ewigkeiten so verdammt einsam... Und... du hast recht... ich habe keine Freunde.", gab ich dann leise zu. Seine weiteren Worte jedoch verwunderten mich und ließen ihn in seine blauen Augen blicken: "W-wie du dich fühlst...? Mason... Ich...", ich schluckte schwer und blickte zur Seite. "Es ist nur so verdammt schwer stark zu sein aber... ja... ich... sollte endlich mein Leben in meine Hand nehmen.", meinte ich dann leicht lächelnd und schrieb meiner Schwester schließlich, dass ich ausziehen werde - ja, ich sollte einiges an meinem Leben ändern und zu Hause hatte ich es nicht mehr ausgehalten...
Zum Affen hatte er sich sicherlicht nicht gemacht, er sorgte dafür, dass ich endlich wieder etwas anderes fühlte als diesen permanenten Schmerz. In seinen Armen fühlte ich mich einfach... wohl.
Als er mir dann näher kam und ich seine Worte vernahm, raste mein Herz auf einmal wie wild. Auch ich blickte abwechselnd von seinen Augen zu seinen Lippen und tat etwas völlig verrücktes.. Ich küsste ihn...